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Bild oben: Ausschnitt aus «Meyerplan 1681»

 1274 wird der Name «Richenbah» erstmals urkundlich erwähnt.

 

750 Jahre Rickenbach – die Bevölkerung feiert

 
Samstag, 4. Mai 2024

 Geschichtlicher Dorfrundgang durch Rickenbach mit Marco Geu, Historiker

  • Der Dorfrundgang fand mit interessierten Beteiligten und bei gutem Wetter statt.
    Danke Marco für die spannende und aufschlussreiche Führung!

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Donnerstag, 9. Mai 2024

Am Donnerstag, 9. Mai 2024 feierte die Gemeinde Rickenbach ihr 750-Jahr-Fest im Anschluss an den Banntag. Der Bürgerrat und der Gemeinderat luden alle herzlich ein. 
Das Programm gestaltete sich so:

Banntag: Um 13:00 Uhr beim langen Brunnen.
Die Banntags-Runde endet dieses Jahr in der Mehrzweckhalle (nicht beim Schützenhaus).

 Jubiläums-Fest: Das Fest startet um 16:00 Uhr bei der Mehrzweckhalle.

  • Der Turnverein organisierte den Apéro. 
  • Das «Duo Take Off» begleitete uns musikalisch.
  • Die Dorfvereine gestalteten das Fest mit und boten zahlreiche Attraktionen wie z.B. eine Tobola, Café-Ecken, Erinnerungen und Historie von Rickenbach auf Bild und Ton.
  • Eine Festwirtschaft sorgte für Speis und Trank. Die Bar wurde bis in die fühen Morgenstunden betrieben.

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Fotos Ueli Handschin, Rickenbach

 –> Mehr Bilder siehe auch Fotogalerie hier


Wir danken allen Helfenden, die diesen Anlass zu einem fröhlichen Fest machten.
Das Organisations-Komitee

  

«Blitzlichter aus der Geschichte von Rickenbach»

4-teilige Serie von Marco Geu, Basel 

Teil 1:

Ersterwähnung Rickenbach
… redditus marce et dimidie bonorum sitorum in Richenbah …

Am 7. April 1274 wurde in Rheinfelden ein Rechts­akt besiegelt, der für die Geschichte von Rickenbach wichtig werden sollte. Graf Berthold von Schauenburg und seine Ehefrau Mechthild erschienen vor Schultheiss und Rat von Rheinfelden, um eine Schenkung an das Kloster Olsberg öffentlich beurkunden zu lassen. 

Im Jahr 1236 hatten Zisterzienserschwestern dieses Ordenshaus gegründet. Durch Kauf, aber eben vor allem durch Schenkungen konnte das Kloster innerhalb weniger Jahre einen beachtlichen Grundbesitz in der gesamten Nordwestschweiz anhäufen. Schenken konnte damals wie heute nur, wer auch etwas besass. Somit ist klar, dass die meisten Schenkenden adelige Grundbesitzer waren. 

Schenkungen wurden aus unterschiedlichen Motiven heraus getätigt. Im Fall von Berthold und Mechthild von Schauenburg ging es um das Seelenheil der Eheleute nach ihrem Tod. Damals wie heute bot die Katholische Kirche an, gegen Entgelt Messen für Verstorbene zu lesen, die deren Aufenthalt im Fegefeuer verkürzen sollen. 

Zu diesem Zweck schenkten nun die Eheleute von Schauenburg dem Kloster Olsberg Einnahmen in der Höhe von 1.5 Mark Silber, abgesichert durch ein Grundpfand auf zwei Grundstücke «in Richenbah». In der in Latein abgefassten Urkunde wird somit erstmals der Name des Dorfes Rickenbach erwähnt. Und sogar noch mehr: Die beiden belasteten Grundstücke befanden sich im Gebiet «Lauterbrunnen» und waren an die beiden Bauern Conrad und Pes verpachtet. 

Der bis heute bekannte Flurnamen identifiziert in Kombination mit dem Ortsnamen unser Dorf praktisch zweifelsfrei. 

Unklar bleibt jedoch, was dieses «Richenbah» damals war. Der Ortsname leitet sich sehr wahrscheinlich vom mittelhochdeutsch «ric» ab, was so viel bedeutet wie: Enger Durchgang, längliche und muldenartige Vertiefung. Wer von Gelterkinden her das Tal hinaufkommt, muss bis heute beim «Höldeli» eine solche enge, längliche und tiefe Stelle überwinden. 

Es ist sehr gut möglich, dass diese topografischen Begebenheiten dem ganzen Tal und später auch der entstehenden Siedlung ihren Namen gegeben haben. Die Siedlung entstand auf der östlichen Talseite, am sonnigen Westhang des Farnsbergs, erhöht über dem sumpfigen Talboden. 

Im Jahr 1274 dürfte diese Siedlung aber kaum schon als Dorfgemeinde in der Lage gewesen sein, das gesamte Tal politisch zu kontrollieren. Aus späteren Quellen wissen wir, dass die westliche Talseite bis ins 19. Jahrhundert von den Gelterkindern zur Viehweide genutzt wurde. 

Der Flurnamen Lauterbrunnen legt diese Nutzung bereits für das 13. Jahrhundert nahe, denn «lautere Brunnen» nutzen nur Menschen, entweder für ihr Vieh oder auch für sich selbst. Die Lage des Lauterbrunnens an der Viehzug­route von Gelterkinden her unter die Rickenbacher Fluh und auf den Staufen stützt diese Vermutung. 

Trotzdem war für die Grundbesitzer offenbar schon 1274 klar, dass sich die Flur Lauterbrunnen in Rickenbach befand. Wahrscheinlich war «Richenbah» damals also (auch) noch die Bezeichnung für das gesamte Tal. Dass eine Siedlung und dereinst auch eine Dorfgemeinde auf der dem Lauterbrunnen gegenüberliegenden Talseite den gleichen Namen tragen würden, erscheint vorstellbar. 

Viel mehr wissen wir aber aus dieser Zeit nicht und vieles muss deshalb Spekulation bleiben. Falls Sie noch im Besitz von Akten zu Rickenbach aus der Zeit um 1274 sind, würde ich gerne einmal einen Blick darauf werfen!

Marco Geu, Basel

  

Teil 2:

Keine Märchen bitte!

Leider halten sich in und um Rickenbach hartnäckig ein paar Märchen zur Dorfgeschichte. Hier die beiden berühmtesten:

«Rickenbach gehörte einst zu Gelterkinden.»

Dieses Märchen wurde vor allem von zwei Tatsachen abgeleitet: Auf dem Staufen stehen bis heute zwei Grenzsteine mit einem «G» für Gelterkinden, wo eigentlich ein «R» für Rickenbach stehen müsste. Und die Grenze gegen Gelterkinden ist schnurgerade, was belegt, dass sie gegen den Willen von Gelterkinden gezogen wurde. Aber wie entstanden unsere Gemeindegrenzen wirklich?

Sie sind das Resultat von uralten Nutzungsabsprachen zwischen den Dorfgemeinschaften. Meistens waren es Weidegrenzen. Bis ins 19. Jahrhundert weidete das Vieh nicht auf eingehegten privaten Weiden, sondern bewegte sich gemeinschaftlich unter der Aufsicht eines Dorfhirten frei in Feld und Wald, um sich von allem zu ernähren, was es fand. Jede Dorfgemeinschaft hatte dafür einen mehr oder weniger definierten Weidebann, der auch mit Grenzsteinen versehen wurde.

Rickenbach war damals ein sehr kleines Dorf mit wenig Vieh. Entsprechend wenig von seinem Tal benötigte es für die eigene Viehweide, nämlich nur den Osten. Dies führte dazu, dass die westliche Talseite bis auf den Staufen von den Gelterkindern beweidet wurde. Diese setzten dort natürlich auch ihre Weidesteine. Im Norden kamen die Buusner mit ihrem Vieh über die Buuser Egg.

Im 19. Jahrhundert meinten dann Politiker und Geometer, die Gemeindegrenzen müssten der natürlichen Topografie folgen. So kam die Gemeinde Rickenbach in den vollen Besitz auch der Westseite des Tals, nachdem die Gelterkinder 1823 auf ihr Weiderecht verzichteten. Gegen Buus blieb es bis heute bei der alten Weidegrenze. Im Süden gegen Gelterkinden war die Weidegrenze dermassen unklar, dass man für die Gemeindegrenze später einfach eine gerade Linie durchs Tal zog und damit Opfersymmetrie auf beiden Seiten herstellte.

Tatsächlich wissen wir nicht, ab wann genau die Siedlung Rickenbach ihren eigenen Weide- und späteren Gemeindebann hatte. Von der Form der heutigen Grenzen aber auf einen einstigen heldenhaften Freiheitskampf der Rickenbacher gegen die Gelterkinden zu schliessen, ist bestenfalls heikel.

 Karte Grenzsteine Karte Grenzsteine Karte Grenzsteine Karte Grenzsteine
Grenzstein 1; Grenzstein 2; Grenzstein 2 Rückseite; Karte

«In Rickenbach gab es früher ein Kloster»

Dieses Märchen wurde vor allem von zwei Tatsachen abgeleitet:
Es gibt in Rickenbach bekanntlich einen Ortsteil, der heute «Kloster» genannt wird und ein im Volksmund so genanntes «Nonnenbrüggli» über das Rickenbächli südlich des Dorfs.

Der Name Kloster leitet sich aber nicht von der Nutzung, sondern von der Enge der Bebauung ab (lateinisch «claustrum»). Solche «Klöster» gibt es auch in anderen Dörfern. Und das Nonnenbrüggli erhielt seinen Namen wohl auch erst, als das Märchen vom Kloster bereits in aller Munde war.

In historischen Dokumenten taucht dieser Name vor dem 20. Jahrhundert jedenfalls nie auf. Wer heute über das Nonnenbrüggli ins Kloster läuft, wandelt also sicherlich nicht auf den Spuren von einstigen Ordensleuten. 

Marco Geu, Basel

 

Teil 3:

Als die Blume blühte…

Das Gasthaus «Blume» war im 20. Jahrhundert ein beliebtes Ziel. Seine Besitzer setzten auf die Beherbergung von Feriengästen. Menschen mit gesundheitlichen Problemen aufgrund der damals starken Umweltverschmutzung in den Städten sollten von Ferien auf dem Land profitieren.

Die folgende Bildstrecke zeigt den Ausbau dieses Geschäftszweigs im Verlauf des 20. Jahrhunderts durch An- und Umbauten des Hauses eindrücklich.

bild 1 

Das erste Bild stammt aus der Zeit um 1900 und zeigt das ehemalige Bauernhaus mit Restaurant im Hochparterre mit höherem Wohnteil und niedrigerer Scheune. Das Schild an der Laube belegt die Präsenz eines Telefons im Haus.

bild 2

Auf dem zweiten Bild aus den frühen 1920er Jahren ist bereits ein erster grosser Um- und Ausbau zu erkennen. Wohnhaus und Scheune wurden aufgestockt und in die Scheune wurden Gästeräume eingebaut, wobei das ehemalige Scheunentor noch sichtbar ist. Schön zu sehen ist auch das später abgebrochene Waschhaus.

bild 1 

Auf dem dritten Bild aus den 1950er-Jahren ist zu sehen, dass der Um- und Ausbau der ehemaligen Scheune weiterging. Er gipfelte im Einbau des grossen Saals inkl. Zugangstreppe. Im ehemaligen Stall wurden eine Metzgerei und Wursterei eingerichtet und den Gästen stand neu auch eine Garage zur Verfügung, was auf die wachsende Bedeutung des Automobilverkehrs hindeutet.

bild 2

Den Charakter des letzten Ausbaus hat das Haus bis heute bewahrt (Bild von 1997). 1980 wurde der Restaurantbetrieb eingestellt. Das Interieur ist heute noch weitgehend erhalten und die Liegenschaft vom Kanton als kommunal schützenswert eingestuft. Es ist zu hoffen, dass die «Blume» erhalten bleibt und wieder einmal blühen wird.

Marco Geu, Basel

   

Teil 4:

Der Verlorene Sohn aus Moskau

Vieles ist schon zu Heinrich Handschin (1830 –1894) geschrieben worden. Bis heute wird das Andenken an den «Moskauer» im Kanton Basel-Landschaft bewahrt. Dass er unter den vielen Auswanderern des 19. Jahrhunderts zu einem wurde, den man nicht nur gerne losgeworden war, sondern auch gerne wieder zuhause empfing, lag primär an seinem Vermögen. Als einer von wenigen hatte er es in der Fremde «geschafft». Als er sein Heimatdorf verliess, war das aber alles andere als klar und auch nicht sehr wahrscheinlich.

Die traumatisierende Armut seiner Kindheit in Rickenbach war ohne Zweifel die grosse Triebfeder seines Lebens. Ihr wollte er mit aller Kraft entkommen und in sie wollte er nie wieder zurückfallen. Verlassen konnte er sich dabei nur auf seine eigenen Fähigkeiten, die er sich als Kinderarbeiter erwerben musste. Die Schule in Rickenbach verbesserte seine Startchancen jedenfalls nicht. Schaffen konnte er es nur mit harter Arbeit. Und so folgte Handschin auf seinem Lebensweg den Möglichkeiten, die sich ihm boten, um mit harter Arbeit wirtschaftlich aufzusteigen. Dass er deshalb über 25 Jahre seines Lebens in Moskau verbringen würde, war wohl eher Zufall.

Ausser der Arbeit hielt Handschin nicht viel in Moskau. Seine Webstühle und viele Fachkräfte bezog er aus dem Oberbaselbiet, darunter auch seinen Nachfolger. Dank dessen Fähigkeiten konnte der verbissene Handschin sein Lebenswerk in Moskau schliesslich loslassen und kam 1885 als «gemachter Mann» zurück nach Basel. Schon zuvor hatte er seiner Familie in Rickenbach – wohl um diese finanziell zu unterstützen – sein Elternhaus (Hauptstrasse 8) abgekauft. Ab 1878 spendete er der Gemeinde Rickenbach jährlich Fr. 500.–, um ein Weihnachtsfest für die armen Dorfbewohner auszurichten. 1881 stiftete er der Gemeinde das Uhrwerk für das Schulhaus, das erst kürzlich restauriert nach Rickenbach zurückgekehrt ist. 1885 spendete er Fr. 1000.– an den Bau der Wasserversorgung, mit der Bedingung, dass im Garten vor seinem Elternhaus der Springbrunnen aufgestellt werde, der noch heute existiert. Von Basel aus fuhr er sonntags häufig im eigenen Pferdewagen nach Rickenbach, wo er in seinem Sommerhaus auf sein Heimatdorf blickte.

Sommerhaus web

Nach seinem Tod wurde dieses Sommerhaus in den Garten des Restaurants zur Post versetzt, wo es bis in die 1970er Jahre stand. Handschins grösste Spende nach Rickenbach kam schliesslich aus seinem Testament. Der Bürgergemeinde vermachte er Fr. 50'000.– um von deren Zinsen jährlich für alle Kinder im Dorf eine Weihnachtsfeier mit Baum und Geschenken auszurichten. Diese Geschenke waren in der Vergangenheit eher handfest, etwa in Form von Stoffen. So schmunzelte man im Oberbaselbiet des Öfteren, wenn alle Rickenbacher Mädchen nach Weihnachten mit Röcken aus dem gleichen Stoff daherkamen.

Praktisch alles, was Handschin in seinen vermögenden letzten Lebensjahren finanziell förderte, war das, was er selbst in seiner Kindheit und Jugend im Rickenbach so dringend gebraucht hätte: Menschliche Wärme, Hilfe in der Armut und eine gute Schulbildung. Bis heute ist es Aufgabe seiner Stiftungen, junge Talente mit geringen finanziellen Mitteln zu fördern. Obwohl ihn sein eigener Lebensweg hart, unnahbar und verschlossen gemacht hatte, schien Handschin am Ende seines Lebens begriffen zu haben, wo gesellschaftlich angesetzt werden musste, damit sich wirkliche Chancengleichheit realisieren lässt. Viel mehr als sein prunkvolles Grabmahl auf dem Friedhof in Gelterkinden sollten uns diese Einsichten Heinrich Handschins bewegen, wenn wir heute die Schulhausglocke von Rickenbach hören, die es ohne ihn – den verlorenen Sohn aus Moskau – nie gegeben hätte.

Marco Geu, Basel

  

 

 

Adresse

Gemeindeverwaltung
Hauptstrasse 7
4462 Rickenbach

Tel:     061 981 32 52
E-Mail: gemeinde@rickenbach-bl.ch
 

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